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Jahreswechsel in Peru

#KAFFEE 2. Februar 2016

0 Thomas Schwegler, unser befreundeter Kaffeebauer, der in Peru zusammen mit seiner Frau den Tropical Mountain Kaffee anbaut, hat uns in einem Newsletter über seine Erlebnisse in Peru berichtet: Nach meiner Peru-Reise rund um den Jahreswechsel kam ich mit neuen Erkenntnissen zurück: Die Ineffizienz in der Arbeitsweise vor Ort kostet nicht nur Geld sondern zehrt deftig an den Nerven, denn schlussendlich bin auch ich ein manchmal rastloser und auf Effizienz getrimmter Schweizer. Die Umstände haben aber auch eine schöne Seite. Die Menschen haben Zeit, leben im Jetzt, sorgen sich fast gar nicht über die Zukunft und nehmen die Dinge wie sie kommen. So konnte ich meinen Mechanismus etwas herunterfahren und kam körperlich etwas müde, aber geistig frisch in die Schweiz zurück. 1 Der Zylider für die Trocknungsanlage, teil einer ganzen Verarbeitungsanlage für Rohkaffee (dabei werden die Kaffeekirschen geschält, fermentiert, sortiert, gewaschen und getrocknet) welche wir dieses Jahr fertigstellen. Unsere Mitarbeiter sind unglaublich kreativ, praktisch veranlagt und Meister der Ausreden. Ich lerne immer wieder was dazu, staune über die Herzlichkeit und Dreistigkeit und über Aussagen, die meisterhaft improvisierten Lügengeschichten gleichkommen. Es geht um Geschichten, warum man wie viel oder wie wenig gearbeitet hat oder warum man auch beim fünften Mal nicht wie abgemacht erschienen ist. Anstatt der Wahrheit auf den Grund zu kommen bleibe ich oft mit einem latenten Mitleidsgefühl zurück, welches ich nicht einordnen kann. Das kann damit zusammen hängen, dass ich Armut sehe, diese aber nur von mir als Armut wahrgenommen wird. Vielleicht spielt auch die Einsicht eine Rolle, dass ich im Moment nur sehr beschränkt Einfluss nehmen kann auf das Leben der Menschen hier. 2 Noch sind die Beeren grün, doch schon in 5 Monaten sind sie reif für die Ernte. 3 Das Jahr 2016 begann für mich mit einem Highlight. Ich bekam von einigen Mitarbeitern vor meiner Rückreise in die Schweiz ein Abschiedsfrühstück: 7 Uhr morgens – Meerschweinchen gebraten. Ich überlege mir, wo die Lebensqualität ganz abgesehen vom materiellen Dingen grösser ist. In den Dörfern um Villa Vista oder bei uns? Ich kann die Frage nicht schlüssig beantworten. Es ist schwer zu erklären, aber den Lebensrythmus hier in Peru muss man selber erleben. Wir haben das Privileg, «far off the beaten track», auf unserer Farm Kaffee anbauen zu können, und mit den Menschen gemeinsam in einer für uns Europäer wenig bekannten Realität zu leben. Eine Realität, welche mich einerseits Kraft kostet, andererseits aber viel Energie gibt für die Schweiz, wo die Zeit rar ist und das bewusste Innehalten eine Kunst, welche mindestens so schwer zu erlernen ist wie der Kaffeeanbau. 4 Wie jedes Jahr veranstalteten wir auch dieses Jahr, eine Weihnachtsfeier für die Kinder von Villa Vista und der ganzen Region (nochmals ganz herzlichen Dank an die Spender!). Aufgrund des Verkehrschaos um Weihnachten rum, kamen die 100 in Lima gekauften Kinder-Geschenke erst nach 3 Tagen Busfahrt bei uns auf der Farm an, so dass wir das Fest kurzfristig verschieben mussten.

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