Zurück zur Übersicht

Die Blattstufe

Jede Tabakpflanze ist einzigartig. Das Saatgut, der Boden, das Wetter beeinflussen ihren Geschmack. Aber nicht nur das: Auch die Tabakblätter einer einzelnen Pflanze haben ganz unterschiedliche Eigenschaften. Während die Blätter, die ganz oben wachsen kräftig, nikotinreich und würzig schmecken, enthalten die Blätter der unteren Blattstufen wenig Nikotin, dafür brennen sie besser. Weil die oberen Blätter der Sonne und dem Wind ausgesetzt sind, sorgt die Natur für deren Schutz, indem die Blätter dicker und kräftiger wachsen und mehr Nährstoffe verwerten, erklärt Pedro Pablo Perez, Head of Quality, Production and Innovation bei Davidoff. Die Energie der Sonne in Form von Licht und Wärme unterstützt diesen Prozess. Auch die Ernte, die von unten nach oben erfolgt, lässt am Ende alle Nährstoffe in die Pflanzenspitze fliessen.

Nach der Ernte werden die Blätter deshalb nach Blattstufen sortiert. In Kuba geschieht dies in den Escogidas, den «Sortierereien». Je nach Land oder Produzent werden drei oder mehr Stufen unterschieden. Das kubanische System arbeitet mit den drei Stufen Volado (die Blätter ganz unten), Seco (die mittlere Stufe) und Ligero (die oberen Blätter). Die Arbeiter in den Escogidas sind in der Lage, die Blätter nur anhand ihrer Haptik richtig zu sortieren.

Mit der Wahl der Tabake und Blattstufen entscheidet der Master-Blender über Geschmack und Stärke einer Zigarre. Eine Mischung aus verschiedenen Blattstufen sorgt meist für einen ausgewogenen Geschmack. Manchmal weisen Hersteller explizit auf verarbeitete Blattstufen hin: Die Patoro-Gran-Añejo-Reserva-Serie wird mit Seco-Tabaken gerollt, dem Filetstück der Pflanze, wie sie Patoro poetisch nennt. Kräftige Zigarren weisen einen hohen Ligero-Anteil auf, oder bestehen, wie die Cain-Serie von Oliva, sogar ausschliesslich aus Ligero-Tabaken. Caldwell legt auf den Long-live-the-King-Kisten Sorte, Jahrgang und Blattstufe der verarbeiteten Tabake offen.

Kuba hütet die genauen Rezepte seiner Zigarren wie ein Staatsgeheimnis. Das Mischverhältnis von Volado, Seco und Ligero hat jedoch eine geringere Sicherheitsfreigabe. In den Zigarrenfabriken von Havanna hängen die Listen mit den Mischungen offen aus und zeigen beispielsweise, dass die Zigarren von Hoyo de Monterrey ohne Ligero-Tabake gerollt werden. Ein Spezialfall stellt in Kuba der Medio-Tiempo-Tabak dar, der für die edle Cohiba-Behike-Serie reserviert ist und an der Pflanzenspitze wächst. Dieser würzige und starke Tabak gilt seit Jahren als rar. Der Grund für die Knappheit ist jedoch profan: Die Bauern zwacken die obersten Blätter ab, damit die Tabake weiter unten grösser werden und der Gesamtertrag steigt.

Weiter Entdecken