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Wie Boveda-Pads funktionieren

Boveda-Feuchtigkeitspads haben die Zigarrenlagerung revolutioniert. Alles über das praktische Zwei-Weg-Befeuchtungssystem.
#KNOW-HOW #ZIGARREN 17. April 2023

Zigarren richtig lagern ist in der Theorie einfach, in der Praxis aber eine Herausforderung. Damit handgerollte Premium-Zigarren aus der Karibik gut brennen und sich geschmacklich optimal entfalten können, muss der Tabak eine gewisse Feuchtigkeit aufweisen. Eine relative Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent gilt als ideal. Auch für die Reifelagerung ist die richtige Feuchtigkeit essenziell. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte zwischen 65 und 70 Prozent betragen und ebenso wie die Temperatur möglichst stabil sein. Dann können die Zigarren in Ruhe reifen und Mikroorganismen ihr Werk verrichten (siehe auch: Raritäten aus dem Aging-Keller). Aber wie schafft man es, die Luftfeuchtigkeit in einem Humidor möglichst stabil auf einem gewünschten Niveau zu halten?

Kurze Geschichte der Zigarren-Befeuchtungssysteme


Um Luft zu befeuchten, braucht es Wasser. Die ersten Humidore nützten eine Wasserschale und manche Zigarrenliebhaber setzten früher auch auf Apfelschnitze, um den Tabak feucht zu halten. Dann setzten sich Schwammbefeuchter durch. Der Vorteil von Schwämmen: Durch die grosse Oberfläche geben sie besonders viel Feuchtigkeit an die Umgebung ab. In Schwämmen nisten sich aber auch gerne Bakterien oder Schimmelpilz ein. Wichtig ist deshalb die konsequente Verwendung von destilliertem Wasser. Mehr Hygiene versprachen die neuen Befeuchtungssysteme auf Basis von Acrylpolymer-Kristallen. Vermischt man diese Kristalle mit Wasser, quellen sie auf und geben die Feuchtigkeit anschliessend langsam wieder ab. So wie der Schwamm können auch Quellkristalle die Feuchtigkeit nicht aktiv kontrollieren. Die Feuchtigkeitsabgabe erfolgt kontinuierlich, ob sich die richtige Feuchtigkeit einstellt, bleibt mehr oder weniger Glücksache. Erst elektronische Befeuchtungssysteme konnten dieses Manko beheben: Ein Sensor misst die Feuchtigkeit im Humidor. Fällt der Wert unter die festgelegte Schwelle, beginnt das Gerät mit der Befeuchtung, solange bis die relative Feuchtigkeit wieder dem Zielwert entspricht.

Salz und seine wundersamen Kräfte


Bis 1997 ein Zigarrenenthusiast, ein pensionierter Chemiker und ein Verpackungsspezialist, die Gründer des Unternehmens Boveda, eine noch bessere Idee hatten: Ein Befeuchtungssystem auf der Basis von Salz. Die hygroskopischen Eigenschaften von Salz führen dazu, dass Salz Wasser anzieht – bis zur sogenannten Sättigung. Liegt der Feuchtigkeitsgrad über dem Sättigungswert des Salzes, gibt es die überschüssige Feuchtigkeit wieder ab. In einem abgeschlossenen Gefäss stellt sich auf diese Weise ein stabiler Feuchtigkeitswert ein. Die sogenannte Ausgleichsfeuchte in der Luft und die gesättigte Salzlösung gleichen sich gegenseitig aus.

Diese Eigenschaft von Salz ist lange bekannt. Zum Beispiel lassen sich mit Salz Hygrometer kalibrieren: Hierfür füllt man ein Schnapsglas mit Speisesalz (Natriumchlorid, möglichst ohne Zusätze), befeuchtet dieses mit destilliertem Wasser und stellt es zusammen mit dem Hygrometer in einen luftdichten Zippbeutel. Nach etwa zwei Stunden stellt sich im Beutel eine relative Luftfeuchtigkeit von etwa 75 Prozent ein.

Zwei-Weg-Befeuchter ohne Elektronik


Dieses Prinzip machten sich die Boveda-Gründer zu nutze. Das Boveda-System basiert auf der richtigen Kombination von drei Elementen: Eine Salz-Wasser-Lösung, ein Bindemittel, das die Salz-Wasserlösung verdickt, sowie eine mit Membranen versetzte Verpackung, die ein Auslaufen verhindert aber die Absorbtion und Verdunstung von Wasserdampf erlaubt. Boveda gelang es, ein Befeuchtungssystem anzubieten, das sowohl Feuchtigkeit abgibt als auch wieder aufnimmt, und zuverlässig einen Zielwert einhält. Der erste Zwei-Weg-Befeuchter ohne Elektronik.

Weil Boveda eine genial einfache Lösung für ein echtes Problem anbot, setzten sich die Produkte des Unternehmens in Windeseile durch. Neben der Zigarrenlagerung eröffnete sich weitere Einsatzbereiche für die praktischen Pads: Instrumentenlagerung, die stabile Lagerung von Holz oder Kunst. Und auch Marihuana-Liebhaber sind auf stabile Feuchtigkeitswerte angewiesen (für diese Zielgruppe gibt es die 62 Prozent Pads).

Das Boveda-System ist patentiert, alle Details zur genauen Funktionsweise sind öffentlich in der Patentschrift einsehbar. Wie kontrolliert Boveda die unterschiedlichen Feuchtigkeitsniveaus? Angeboten werden Pads für relative Feuchtigkeitswerte zwischen 62 und 84 Prozent. Das Geheimnis liegt in der Verwendung unterschiedlicher Salzformen. Zum Beispiel Sodium Nitrat für eine Ausgleichsfeuchtigkeit von 74 Prozent oder Strontiumchlorid für 71 Prozent.

Boveda-Pads wieder aufladen


Solange Boveda-Pads feucht und «schwabelig» sind, sind sie voll funktionsfähig. Nach etwa ein bis zwei Monaten, je nach Humidor und Art des Gebrauchs, werden die Pads langsam trocken und es wird Zeit, sie auszutauschen.

In Zigarren-Foren findet man Anleitungen zur Wiederaufladung von Boveda-Pads: Hierfür solle man die Pads in ein Wasserbad legen und dieses in ein luftdichtes Gefäss, zum Beispiel eine Tupper-Dose. Nach ein paar Tagen sei das Pad wieder weich und nach dem Trocknen des Papiers bereit für den erneuten Einsatz. Boveda rät davon ab, weil die Membrane durch die Prozedur beschädigt werden könne. Die ursprüngliche Zielfeuchtigkeit lasse sich nicht mehr garantieren. Wichtig ist auch, dass die Salzmethode empfindlich auf die Wasserqualität reagiert: Beim Einsatz von Leitungswasser statt destilliertem Wasser steigt die Fehlertoleranz auf plus-minus fünf Prozent. Die Erfahrungsberichte in Foren zeigen hingegen: Das Wiederaufladen funktioniert. Wer ein paar Franken sparen möchte und mit der gebotenen Umsicht zu Werke geht, kann den Recycling-Versuch wagen.

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